Leben

Urkraft Freude… und meine drei Wege, wie ich sie vermeide!

Wege Freude zu vermeiden

Ich habe diesen Artikel bewusst nicht „Kraft durch Freude“ genannt. Da das Thema nun aber im Raum steht: Wie alle Gefühle ist auch die Freude an sich weder gut noch schlecht. Auch sie hat ihren Licht und Schatten. Als 1933 Hitler an die Macht kam, haben ihm Millionen Deutsche zugejubelt. Freude hat eben nichts damit zu tun, ob ein Sachverhalt objektiv schön, gut und richtig ist – sondern allein damit, ob ich ihn als schön, gut und richtig einschätze.

Die Kraft, die in der Freude liegt: meine Fähigkeit, all das Gute, welches mir in meinem Leben begegnet, mit Wertschätzung und Dankbarkeit zu würdigen. Dieses Gefühl ist stark mit der Freundschaft verbunden: Oder bist Du etwa gerne mit Menschen zusammen, die sich nicht über Deine Anwesenheit freuen? Wenn aus Freundschaft Liebe wird, ist die Freude besonders groß. Frisch Verliebte strahlen förmlich.

So haben Menschen, die auf eine authentische Weise Freude empfinden können, eine besondere Strahlkraft. Sie stechen aus der Menge hervor. Sie können sich und andere  begeistern. Das macht sie zu natürlichen Führungspersönlichkeiten, sie haben Charisma.

Das Gefühl von Freude zeigt mir auch, dass ich meiner Lebensaufgabe folge. Es mag nicht immer leicht sein, dem eigenen Weg zu folgen, aber ein Gefühl von Stimmigkeit trotz aller Widrigkeiten stellt sich ein.

Mehr Lebensfreude hat nicht unbedingt mit mehr Freude zu tun… sondern auch mit Trauer, Wut und Angst

Wo ich mir einrede, alles wäre in Ordnung, obwohl nichts in Ordnung ist, bin ich längst im Schatten der Freude: der Selbsttäuschung. Wer sich alles schön redet, weil er Trauer, Angst und Wut vermeiden möchte, zieht daraus keine Kraft. Wer niemals wütend werden kann, zu allem nur Ja und Amen sagt, ist für andere nicht wirklich greifbar. Wer nichts betrauern kann, wirkt oberflächlich. Eine solche Freude, die in Wirklichkeit Gefühlsvermeidung ist, ist weder authentisch noch anziehend. Freude ist eben eine polare Kraft, die sich erst im Zusammenspiel mit den anderen Gefühlskräften entfalten kann. Was ist Dein Ja wert, wenn Du nicht Nein sagen kannst?

Es gibt aber auch eine authentische Art und Weise, sich über alles zu freuen. Wenn Du alle Abgründe durchwandert hast, mit allen Deinen Gefühlen vertraut bist, sie alle sein lassen kannst. Dann ruhst Du in einer ruhigen, natürlichen Freude, dem Bewusstsein, das alles seine Richtigkeit hat.

Wege, Freude zu vermeiden

Wie hoffentlich schon klar wurde, ist der sicherste Weg, Freude zu verjagen, sie unbedingt haben zu wollen. Wenn Du im Sinne von positiven Denken alles als „schön“ und „gut“ erklärst, wirst im besten Falle Du allein an diese Freude glauben. Alle anderen spüren, dass da wenig Substanz ist. Und spätestens wenn Dein Körper krank wird, sollte Dir klar werden, dass da etwas schief läuft. Irgendetwas.

Echte Freude kann man eben nicht erzwingen, man kann sie allenfalls einladen. Oder man kann sie gezielt verjagen… ich erzähle euch mal eben, wie ich das mache.

Meine drei Wege, die Freude zu vermeiden

Ich neige weniger dazu, nur die Freude haben zu wollen. Auch wenn sich das für Viele merkwürdig anhören mag: ich bin gerne ab und zu traurig.

Nein, ich habe andere Wege, die Freude zu vermeiden.

Das letzte Jahr war nicht immer einfach. An manchen Morgen hatte ich kein Geld für Frühstück und Fahrkarte. Ich musste erst mal zu Fuß größere Strecken zurücklegen, um mir dann hungrig Gitarre spielend und singend mein Frühstück zu verdienen. Trotzdem habe ich mich gefreut. Weil ich frei war und weil ich genau das tat, was ich tun wollte und was mich glücklich machte: für Menschen zu singen. Dieses Gefühl von Stimmigkeit, wenn man der eigenen Lebensaufgabe folgt.

Außerdem war ich es ja gewohnt, immer kämpfen zu müssen und mir alles hart verdienen zu müssen. Dieses Konzept war mir vertraut, es erschien mir als richtig. Alles wie immer, alles gut also.

Dann hatte ich im Januar ein wunderschönes Haus für mich allein bei wundervollen Leuten mit dem vortrefflichen Kater ShangriLa. Die Speisekammer war voll, der Geldbeutel praller als gewohnt, alles um mich herum war schön und gemütlich. An manchen Tagen habe ich mich gefreut, an erstaunlich vielen aber nicht so sehr. Das hat mich dann selbst erstaunt und ich fing an zu erforschen, warum das so ist.

Wenn Du Dich fragst, wo denn die Freude in Deinem Leben bleibt, lohnt es sich zu gucken, welche Gefühle statt dessen sonst so da sind. Die verdrängen die Freude nämlich auch mal.

Scham statt Freude

Wie gesagt, ich bin es gewohnt, mir alles hart erarbeiten zu müssen. Wenn mir dann plötzlich soviel Gutes unerwartet und (vermeintlich) unverdient zufällt, fühle ich mich gar nicht mal so wohl damit. Zusätzlich denke ich an all die Menschen, denen es nicht gut geht, obwohl sie es verdient hätten. Womöglich noch an die hungernden Kinder in Afrika.

Voilá, da habt ihr es: mein Geheimrezept, mich richtig elend zu fühlen.

Weil es immer noch ein kleines bisschen schlimmer geht,  mache ich mir dann noch ausgiebig dafür Vorwürfe, dass ich mich nicht freuen kann. Obwohl doch alles zum Besten steht. Ich schäme mich dafür, dass ich mich schäme. Ich kann diesen Teufelskreis allen empfehlen, die sich mal so richtig schlecht fühlen wollen.

Angst statt Freude

Die Situation, das mir gute Dinge mühelos zufallen, ist mir also nicht gerade vertraut.

Es ist eine neue Situation, und alles Unbekannte macht erst mal Angst. Also habe ich mich ausgiebig gefürchtet.

Oder war es die Angst, alles bald wieder zu verlieren, bald wieder weiterziehen zu müssen? Keine besonders konstruktive Angst, denn sie bezieht sich nicht auf eine konkrete Situation im Jetzt, sondern auf eine vage Zukunft.

Eine beliebte Vermeidungsstrategie: sich gar nicht erst zu freuen, weil die Freude ja vergänglich ist.

Macht es Sinn, sich nicht an wunderschönen Sonnenuntergängen zu erfreuen, nur weil die Sonne sowieso gleich untergegangen sein wird?

Trauer statt Freude

Manchmal, wenn alles gut ist, kommt Trauer auf. Trauer darüber, dass es die ganze Zeit nicht gut war. Diese Art von Trauer halte ich für gesund.

Ich kam im Januar so richtig zur Ruhe. Plötzlich war Raum da, zu fühlen, was vorher nicht gefühlt werden konnte. Ich konnte endlich über eine verlorene Freundschaft die Tränen fließen lassen.

Kritisch wird es erst, wenn wir uns in der Trauer verfangen: die ewig gleichen Geschichten widerkäuen, betrauern, dass wir traurig sind.

Wie habe ich die Freude zurück in mein Leben geholt?

Der erste Schritt zur Veränderung ist immer Akzeptanz. Die Natur von Gefühlen ist sowieso: sie verändern sich, sie ziehen vorüber. Also einfach mal durchatmen, fühlen und entspannen.

Im Beobachten ist mir klar geworden, welche teils destruktiven Glaubenssätze ich noch mit mir herumschleppe.

Ich habe nicht gegen sie angekämpft, mich nicht im zwanghaften positiven Denken geübt.

Doch ich habe sie in Frage gestellt: Muss ich mir wirklich alles hart erkämpfen? Darf es vielleicht auch mal leicht sein? Dient es mir selbst oder irgendwem, wenn ich mich selbst so nieder mache? Hilft es den Kindern in Afrika, wenn ich mich elend fühle?

Ich habe geschaut, ob ich noch irgendwelche anderen Gefühle vermeide. Da sie alle da waren und ich die Freude in meinem Leben vermisste, beschloss ich, mehr von den Dingen zu tun, die mir Freude machen. Ich beschloss, einfach mal so das Leben zu feiern, auch ohne Anlass oder es verdient zu haben.

Wenn Du Dich fragst, wo denn die Freude in Deinem Leben ist, empfehle ich Dir noch mal auf meinem Grundlagenartikel zum Thema Gefühle vorbei zu schauen. Da gibt es eine Tabelle, um die eigenen Gefühle zu erforschen. Es lohnt sich mal zu beobachten, welche Gefühle übermäßig auftauchen beziehungsweise chronisch abwesend sind.


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Ich wünsche uns allen viel echte Freude und lebendiges Sein mit allen Gefühlen! Wenn ihr für andere ein abschreckendes Beispiel sein wollt und noch mehr Strategien und Glaubenssätze kennt, um die Freude zu vertreiben, schreibt es in die Kommentare!

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5 Comments

  1. Hi Marcella,

    es freut mich sehr via Facebook über Dich und so auf Deinen BloGG gestoßen zu sein. In den vergangenen 7 Jahren war ich zeitweise auch ohne eigene Wohnung, jedoch stets vom Leben mit einem Obdach beschenkt worden. Auf der Straße den Menschen Freude mit der Musik, vor allem mit eigenen Werken, schenken zu dürfen, bedeutet Glück für mich. Schön ist aber auch ein festes Konzert. Insebesondere meine Mitmachkonzerte für Kinder waren Lebensfreude für beide Seiten.

    Es ist der letzte Geburtstag einer meiner besten Freunde, an dem Du diesen Deinen Beitrag online stelltest. Mit diesem Freund habe ich in Berlin auch öfter Straßenmusik gemacht, die Ausbildung zum Erzieher und er ist Patenonkel meines ersten Sohnes (21). Berlin verbinde ich auch mit vielen traurigen Gefühlen. Und dennoch ist diese Stadt, in der ich zusammengerechnet 7 Jahre an verschiedenen Orten lebte, ein Stück Heimat geworden.

    Vielleicht sehen wir einander mal. Ich freue mich drauf.

    Löwenherzlich Matthias

    • Marcella

      Lieber Bruder Löwenherz, schön das Du mit leichten Gepäck als Menschen-Erfreuer und Musik-in-die-Weltbringer unterwegs bist. Das bringt eindeutig mehr Lebensfreude in die Welt, insbesondere derjenigen Menschen, die noch in ihrem Hamsterrad gefangen sind. Bestimmt ergibt sich mal die Gelegenheit, uns zu treffen, vielleicht sogar zusammen Musizieren? Alles Liebe auf Deinem Weg und weiter so, Herzensgrüße von Marcella

  2. Depressionen und Burnout können ruhiger werden mit Massagen.
    Schade gibt es zu wenige davon wo geben und geben wollen.

    Danke Herzlein dass du eine davon bist.

    MALO

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