Mich beeindruckt nur noch selten was, wenn ich mich durch die Weiten des Internets klicke.
Aber.
Als ich auf Lauren Singer stieß, wie sie ihren gesamten Müll der letzten drei Jahre in einem kleinem Einmachglas präsentiert – ich war wie hypnotisiert. Das war seit langer Zeit das inspirierendste und ermutigendes Video überhaupt.
Lauren kauft keine Fertiggerichte mehr, sie kocht alles selbst. Auch ihre Körperpflege-Produkte stellt sie selber her. Sie kauft auf Bauernmärkten, in Secondhandläden und in Unverpackt-Läden. Wenn sie einkaufen geht: Sie ist überzeugte Minimalisten. Sie berichtet, dass sie nicht nur eine Menge Geld und Zeit dadurch spart, sondern auch erfüllter und glücklicher lebt. Nicht zuletzt, weil sie zum ersten Mal ein Leben in Übereinstimmung mit ihren Werten führt.
Ja, genau das ist es. In Übereinstimmung mit den eigenen Werten leben.
Ich liebe unseren schönen Planeten. Ich hasse es, wie Landschaften und Meere immer mehr ersticken an unserem Müll – besonders an einer allgegenwärtigen Seuche namens Plastik.
Und doch bin ich ein Teil davon.
Es schmerzt mich, wenn mir für einen Augenblick bewusst wird, welche Spur von Müll ich Tag für Tag hinterlasse, besonders seit ich auf Reisen bin. Für die meisten von uns ist es wenig hinterfragter Alltag: einkaufen, auspacken, Verpackung in die Tonne treten. Tag für Tag mehren wir den Plastikmüll, welcher in Jahrhunderten noch durch unsere Ozeane treiben wird. Dort werden Fische, Schildkröten und Delfine ihn verschlucken und qualvoll daran zugrunde gehen.
Dennoch hatte ich bislang nicht mal in Gedanken die Möglichkeit gesehen, so radikal wie Lauren aus diesem leidvollen Geschehen auszusteigen. Gefangen als ein Lemming unter Mit-Lemmingen auf dem Kurs der Selbstzerstörung. Ein Lemming, der weiss dass er ein Lemming ist, und dem es schmerzt ein Lemming zu sein und der es dennoch nicht schafft aus dem Lemming-Kollektiv auszubrechen.
Das Video von Lauren hat mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen. Auf der einen Seite habe ich selten etwas so Erhellendes und Ermächtigendes gesehen. Ein Teil von mir sagte sofort: „Ja, genau das ist es. Genau so will ich auch leben.“
Eine Politik der kleinen Schritte
Andererseits schien sie mir eine übermenschliche Heldin zu sein. Wie soll denn das für mich funktionieren? Immer selber kochen, Produkte selber herstellen? Gerade auf Reisen – scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit. Meistens scheitere ich schon am Einkauf von Äpfeln. Ich bin mal wieder an einem neuen fremden Ort und der einzige Supermarkt im Umkreis von 15 Kilometern hat nur konventionelle pestizidverseuchte Äpfel oder Bio-Äpfel in Plastik verpackt. In Plastik! Kann mir hier irgendjemand erklären, wie der Biogedanke mit Plastikverpackungen zusammen geht…?
Ganz zu schweigen von dem hässlichen WWF-Greenwashing-Logo, welches die Plastikverpackungen ziert… aber dazu sage ich jetzt weiter nichts, bevor die auch mich noch in Grund und Boden verklagen…
Also.
Fürs Erste schien mir die glorreiche Tugendhaftigkeit der Lauren S. unerreichbar.
Doch.
Dann bin ich in mich gegangen. Ich denke, dass es die vielen kleinen Schritte sind, die im Endeffekt einen großen Unterschied machen. Superhelden wie Lauren mögen uns erstaunen, inspirieren, beeindrucken. Doch es braucht viele, viele, viele Menschen, die in vielen kleinen Schritten eine wirkliche Wende herbeiführen. Und mit jedem kleinem Schritt wird es noch leichter für alle anderen.
Verehrte Mit-Lemminge! Lasst uns den Kurs wechseln. Wir brauchen nicht weiter auf den Abgrund der ökologischen Katastrophe zusteuern!
Darum soll es in dieser neuen Artikelreihe gehen – kleine Babyschritte für Jedermann. Endziel: Zero Waste.
Ich begann also über die Dinge nachzudenken, die ich tägliche tue. Mit welchen Handlungen verursache ich täglich Müll?
Mir fiel zuallererst auf, wieviel Abfall unterwegs in der Stadt anfällt – der Pappbecher für den Tee, die Plastikflasche Wasser, die Plastiktüte beim Einkaufen… Also war mein erster Schritt, mir ein paar Gegenstände für die Handtasche zusammenzustellen.
Mein Handtasche bietet zum Glück viel Platz. Diese wundervolle Handtasche kam übrigens auf magische Weise zu mir. Doch die Geschichte dazu soll an einem anderem Tag erzählt werden.
Fünf nützliche Gegenstände, die Dir helfen unterwegs Müll zu vermeiden!
1. Wasserflasche:
Ausreichend Wasser trinken ist sooo wichtig für Deine Gesundheit. Jede Menge Geld sparen und Müll vermeiden kannst Du, indem Du Deine eigene Wasserflasche mitnimmst. Studien zeigen, dass wir immer mehr Plastik im Blut haben. Ich habe keine Lust auf Plastik im Blut, Du etwa? Folglich nehme ich eine Flasche aus Glas. Meine hier war einmal eine Essigflasche und hat mich keinen Cent gekostet. Mit ihrer eckigen Form passt sie perfekt in meine Handtasche.
Allerdings überlege ich mir derzeit, mir eine bruchsichere Glasflasche zuzulegen. Mir ist bereits eine zu Bruch gegangen, das war voll doof.
2. Trinkbecher oder Thermobecher
Die einen brauchen ihren Kaffee, ich brauche meine Tasse Tee. Ich erzählte einer Freundin, dass ich plane, mir einen ökologischen Becher aus Bambusfasern zu kaufen. Wunderbarer Weise stellte sich heraus, dass sie zufällig noch einen abzugeben hatte! Der Becher ist wunderschön. Ich benütze ihn nicht nur für Tee, sondern manchmal auch um bei der Straßenmusik Geld einzusammeln. Das hat sich als einen Schwäche in meiner Ausrüstung herausgestellt: natürlich habe ich keine Lust, daraus Tee zu trinken, wenn gerade Kleingeld im Becher war.
Also überlege ich jetzt, mir zusätzlich einen Thermobecher oder einen mobilen Teebereiter zu holen. An Tagen, an denen ich Straßenmusik mache, brauche ich öfters mal einen heissen Tee, vor allem im Winter. Selbst wenn ich mir im Durchschnitt täglich nur einen Becher für 1,80 Euro hole (Pi mal Daumen), sind das 54 Euro im Monat! Hey, dafür könnte ich mir auch andere schöne Dinge kaufen! Zum Beispiel einen mobilen Teebereiter. Fürs Erste.
Nebenbei würde auch noch der Teebeutel-Müll entfallen.
Jetzt mal ehrlich – wie oft holst Du Dir Deinen Tee, Deinen Kaffee unterwegs? Wieviel kostet der? Und jetzt rechne mal aus, wieviel Geld Du Dir Monat für Monat sparen könntest. Was könntest stattdessen mit dem Geld machen?
3. Stullenwickler
Eben jene Freundin, die mir den Becher geschenkt hat, hatte mir auch eine Brotdose derselben Firma geschenkt. Allerdings stellte sich heraus, dass meine Handtasche doch nur ein begrenztes Fassungsvermögen besitzt. Unpraktischer Weise nehmen Brotdosen ja auch immer denselben Platz ein, egal ob sie gefüllt oder leer sind. Folglich sah ich mich gezwungen, die Dose weiterzugeben. Das Schöne an meiner Lebensweise: Was mir zu viel ist, ist vielleicht genau das Teil, das jemand anders gerade braucht.
Aber trotzdem fehlte mir sozusagen ein Puzzleteil. Denn so lief mein Standardbesuch beim Bäcker ab: „Eine Breze bitte. Sie können sie mir direkt auf die Hand geben.“ Die freundliche Verkäuferin starrt mich mit diesem befremdeten, leicht entrückten Blick an: „Direkt auf die Hand?“ Ich nicke ermutigend. Und Zack! Ehe ich protestieren kann, hat sie die Breze in eine Papier-Serviette gepackt und so in die Hand gedrückt. Ach menno. So war das doch gar nicht gemeint. Menschen scheinen furchtbar Angst zu haben, Lebensmittel direkt zu berühren, da diese dann mit Bakterien verseucht werden könnten. Dabei sind die Lebensmittel selbst oft die eigentliche Gesundheitsbedrohung. Ein bizzarres Phänomen. Vielleicht eine Erklärung für plastikverpacktes Essen? Alles muss schön steril verpackt sein? Selbst wenn es im Endeffekt schön verpackte sterile Scheisse ist?
Naja. Wie auch immer.
Wenig später schenkte meine Mama mir einen Stullenwickler. Mama ist die Beste! Stullenwickler, ach ja? Nie gehört? Ich auch nicht. Aber es ist eine geniale Erfindung. Jetzt kann ich zur freundlichen Bäckerin sagen: „Meine Breze bitte hier drauf.“ Und unterwegs in der Handtasche nimmt das Teil fast keinen Platz weg. Es wurde in regionaler Handarbeit gefertigt, besteht aus beschichteter Baumwolle und darf in der Waschmaschine gewaschen werden. Darin können nun belegte Brote oder Obst gefahrenlos transportiert werden.
Kein Geld für einen Stullenwickler…? Auch schon Anfänger in der Kunst des Nähens können sich so ein Teil selber machen. Einfach mal auf YouTube gucken…
4. Spork
Zugegeben – mein Spork ist aus Plastik. Ich hatte halt noch so was in meinem Besitz. Es hilft mir, unterwegs noch mehr Plastikbesteck-Müll zu vermeiden. Ein Spork ist Gabel, Messer und Löffel in einer Person. Es ist auch ganz praktisch beim Campen oder so. Nimmt wenig Platz ein. Wird mich wohl noch eine Weile begleiten. Erhältlich bei Amazon oder beim Globetrotterladen Deines Vertrauens.
5. Stofftasche
Auch die ganzen Plastiktüten spare ich mir und der Umwelt. Sind zwar jedes Mal nur ein paar Cent, aber auch das läppert sich. Beim d.m. Drogeriemarkt habe ich mir eine Bio-Stofftasche für 2 Euro geholt. Die kann ich dort jederzeit kostenlos gegen eine Neue eintauschen. (Es gibt sie auch online.) Stell Dir nur den riesengroßen Berg an Plastiktüten vor, den Du nicht mehr verursachen würdest, wenn Du ab jetzt Stofftaschen zum Einkaufen mitnimmst!
Bevor Du nun begeistert neue Sachen einkaufst – schau mal nach, ob Du nicht schon ein paar dieser Dinge besitzt. Ich habe für mich außerdem die Regel: wenn ich etwas Neues anschaffe, gebe ich dafür möglichst etwas Altes weiter. Schon allein, weil mein Rucksack sonst über kurz oder lang platzen würde. Aber auch sonst würde ich so leben. Und: gehe im Zweifelsfalle lieber langsam vor. Lieber einen Schritt gehen und den dann konsequent durchziehen. Statt sich begeistert viele neue Dinge zulegen und sie dann doch nicht verwenden.
Ich werde nun nach und nach meine ganz persönlichen Babyschritte Richtung Zero Waste vorstellen.
Wenn ihr jetzt motiviert seid und ganz dringend noch mehr Tipps für ein plastikfreies Leben sucht – es gibt einen tollen Blog zu dem Thema:
Die sogenannten Unverpackt-Läden werden immer mehr! Vielleicht auch in Deiner Nähe?
Hier gibt es eine aktuelle Liste dieser Läden: Unverpackt-Läden in Deutschland
Wenn Dir der kleine Einblick in meine Handtasche gefallen hat, möchtest Du vielleicht wissen, was in meinem Rucksack ist 😉
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