Leben Minimalismus

„Du musst Dich selbst belohnen!“ Stimmt das? Feiern statt belohnen!

sich selbst belohnen?

„Du musst Dich selbst belohnen!“ sagte einmal eine Freundin eindrücklich zu mir. Sie war zufällig Prostituierte. Klar, wenn ich Dinge tue, die ich eigentlich nicht tun will, mich zu Leistungen antreibe, die ich so um ihrer selbst willen nicht erbringen würde wollen – ja, dann muss ich mich wohl belohnen, mit materiellen Dingen, die ich mir hart abgerungen habe auf Kosten meiner Energie und Lebenszeit. Auch wenn immer mit dem Zeigefinger auf die armen Prostituierten gezeigt wird – die Praxis des sich verkaufens, des sich prostituierens ist doch ziemlich weit verbreitet! Ich habe viele Menschen kennengerlernt, die mir gestanden: Sie empfinden, dass sie „anschaffen gehen“. Das habe ich von Postbeamten gehört, von Psychologen, von Menschen, die Karriere machen… Arbeiten um zu besser zu leben oder auch nur überleben.

Die Praxis des „Sich-belohnens“ ist weit verbreitet.

Es wird auch im Self-Journal (ein Planer, den ich nutze) so propagiert. Du hast Deine Ziele erreicht, also belohne Dich, mit einer Belohnung, die Du vorher selbst festgelegt hast. Wenn ich meine Ziele nicht erreiche, dann belohne ich mich nicht, also bestrafe ich mich indirekt.

Ich gebe doch sowieso wie alle Menschen jederzeit mein Bestes, ist es also richtig, mich auch noch zu bestrafen, obwohl ich schon gescheitert bin, meine eigenen Anforderungen nicht gerecht wurde?

Eigentlich sollte ich mich doch gerade jetzt besonders liebevoll und achtsam behandeln, oder nicht?

Und dann – fühlt es sich wirklich richtig an, mich wie ein Kind zu manipulieren, dass mit Belohnung und Strafe zum erwünschten Verhalten angetrieben werden soll?

Das Prinzip des Belohnens habe ich schon als Kind durchschaut. Ich erinnere mich, wie ich in der Grundschulzeit einmal meine Hausaufgaben machte. Ich hatte eine Reihe von Gummibärchen aufgereiht und mich für jede geöste Matheaufgabe mit einem Gummibärchen belohnt. Allerdings fand ich diese Methode im Endeffekt unglaublich langweilig und gab sie schnell wieder auf. Irgendwie habe ich mich schon immer gegen Selbst- und Fremdmanipulation aufgelehnt.  Ich habe danach gelernt, wenn ich es wollte, weil es mich interessierte (erstaunlich oft), meine Hausaufgaben gemacht wenn ich es wollte (nicht so oft, hat aber kaum je jemand bemerkt) und am Ende ein recht gutes Abitur abgeliefert.

Will ich wirklich eine sprichwörtliche Karotte vor meiner Nase platzieren, der ich dann hinterhertrotte? Wenn meine Ziele nicht aus meiner Seele kommen, muss ich das wahrscheinlich tun, um mich zu motivieren. Ich empfinde einen Mangel, und dann stelle ich mir selbst die Erlösung von dem Mangel in Aussicht, allerdings nur, wenn ich die Leistung bringe, die ich von mir selbst erwarte.

Da ist er wieder, dieser Unterschied zwischen Wünschen aus dem Herzen und Wünschen des Kopfes.

Ich weiss einfach, dass es richtig ist, diesen Blog zu schreiben. Ich schreibe ihn nicht aus einem Gefühl des Mangels, weil ich mir Anerkennung dafür wünsche oder damit ich viel Geld damit verdiene. Beides wäre schön und ich hätte nichts dagegen einzuwenden, wenn es passiert. Vielleicht werde ich auch keinen Cent verdienen und Ablehnung erfahren. Egal. Das ist nicht der Grund, warum ich schreibe. Der Grund ist nicht Mangel, sondern Fülle. Ich fühle Dinge in mir, die zum Ausdruck kommen wollen. Wenn ich schreibe, dann empfinde ich Freude, und zwar Zeile für Zeile. Deshalb brauche ich mich nicht belohnen, das was ich tue, ist in sich selbst lohnend genug. Meine Belohnung dafür, diesen Blog zu schreiben? Diesen Blog schreiben zu dürfen.

Keine Frage, manchmal ist es harte Arbeit, manchmal ist es schwierig sich aufzuraffen. Selbstzweifel und Ängste und der Alltag machen es manchmal schwer überhaupt damit anzufangen. Doch wenn ich es tue, dann ist es Freude pur. Zeit scheint nicht mehr zu existieren und ich fühle mich erfüllt.

Feiern statt belohnen

Wenn ich meine musikalischen und schreibenden Ziele erreiche, werde ich mich nicht belohnen, sondern feiern.

Wenn ich scheitere (so was kann es doch gar nicht geben in Wirklichkeit), dann erst recht.

Wenn ich feiern sage, benütze ich dieses Wort nicht im allgemein gebräuchlichen Sinne. Ich werde nicht auf Parties und in Clubs gehen, um dort abzutanzen (obwohl, vielleicht schon auch!).

Ich rede von

Feiern im Sinne von Dragon Dreaming.

Dragon Dreaming ist eine geniale Methode zur Verwirklichung von Träumen. An dieser Stelle nur soviel darüber, wie es braucht um zu erklären, was ich in diesem Zusammenhang mit Feiern meine.

Dragon Dreaming liegt eine ganze Menge Lebensweisheit zugrunde. So wie es in der Natur Zyklen gibt, Frühling, Sommer, Herbst und Winter, durchziehen diese Zyklen unser gesamtes Sein.

Die Phasen des Manifestierens eines Projektes im Dragon Dreaming sind

Träumen
Planen
Tun
… und Feiern!

Alles beginnt mit einem Traum. Der Träumer hat einen Traum und erzählt anderen davon. Im besten Falle findet er Mit-Träumer und eine Traum-Gemeinschaft entsteht. Aus Träumen werden konkrete Pläne, die schließlich zu tatsächen Aktivitäten führen.

Am Ende des Zyklus steht das Feiern.

Feiern ist in diesem Zusammenhang die Tätigkeit des Reflektierens, des Bewertens, des Zurück-Blickens. Des Innehaltens und zur -Ruhe-kommens, des Integrierens.

Es ist wie das Träumen eine introvertierte Angelegenheit: Die Gruppe, die vielleicht sehr aktiv draußen in der Welt war, zieht sich zurück und bespricht sich gemeinsam. Dankbarkeit und Wertschätzung wird ausgesprochen, das gemeinsam erreichte wird gewürdigt. Es wird auch reflektiert, was nicht so gut lief, was besser gemacht werden könnte. Es ist Zeit, Gefühle zum Ausdruck zu bringen, zu meditieren, sich auszuruhen. Ja, vielleicht auch eine Party im wortwörtlichen Sinne zu schmeißen, zu tanzen, ausgelassen zu sein. Die Seele baumeln zu lassen, eben nichts zu tun oder zu planen.

Aus dem Feiern erwächst neue Kraft und unmerklich treten die Beteiligten vielleicht in den nächsten Zyklus ein. Ein neuer Traum erwacht.

Träumen und Feiern sind in diesem Modell introvertierte Seins-Zustände, die Kraft geben für das extrovertierte, kräftezerrende Feuer des Planens und Machens. Alle vier sind gleichwertige Aspekte in dieser Anschauung.

In der typischen Firma von heute werden Planen und Machen als Ideal angesehen. Planen-Machen-Planen-Machen im ewigen Hamsterrad. Bis der Zusammenbruch kommt. Depression und Burn-out greifen um sich, während die gerade noch so Funktionsfähigen versuchen, sich diesem unheilvollem Zyklus zu unterwerfen, doch am meisten an der Sinnentleerheit leiden. Wo es keinen gemeinsamen Traum gibt, der ins Leben geträumt werden will, da gibt es auch nichts, was sich lohnt zu planen und zu tun. Der Schmerz darüber wird aber mit noch mehr Planen und Tun betäubt.

Aber nicht mit mir!

Ich habe mein Burnout und meinen Zusammenbruch schon hinter mir, es hat mich Jahre meines Lebens gekostet.

Ich genieße das Tun und Machen gerade sehr, aber genau so freue ich mich auf eine Phase des Nichts-Tuns und Nicht-Machens danach. Zur Ruhe kommen. Stille genießen. Denn alles Gute kommt aus der Stille.


Mehr über Dragon Dreaming erfahren

Hier geht es zur offiziellen Homepage von Dragon Dreaming! Dort gibt es auch ein kostenloses Ebook zum Download, an dessen Übersetzung ich beteiligt war.


Belohnt ihr euch? Und wenn ja, mit materiellen Dingen? Oder mit Zeit für euch, mit schönen Erlebnissen? Ihr wisst ja, the best things in life aren´t things 😉

Merken

4 Comments

  1. Liebe Marcella,

    das ist ein schöner Denkanstoß, danke!
    Von dem Belohnungskonzept halte ich ebenfalls nicht sehr viel, weil es so kurzsichtig ist, wie du ja auch schön herausgestellt hast. Wir versuchen das auch bei den Kindern umzusetzen ohne Belohnung auszukommen – es gelingt uns nicht immer, aber wir sind da glaub ich auf einem guten Weg.

    Dragon Dreaming klingt interessant, das werde ich mir mal genauer ansehen.

    Ich selbst „belohne“ mich nicht mit irgendwas Speziellem – ich habe wenig materielle Wünsche und weiß nie, was ich mir zum Geburtstag wünschen soll zum Beispiel (außer Stoff vielleicht).

    Bloggen/Schreiben ist für mich auch Selbstzweck, wobei ich da schon sehr strategisch vorgehe und das nicht nur zum Spaß mache. Aber wenn ich dann in dem ein oder anderen Bereich erfolgreich bin – was sich unterschiedlich messen lässt – freue ich mich über diesen Erfolg und kauf mir nicht deshalb irgendwas. Im Gegenteil überlege ich bspw. bei steigenden Followerzahlen eher, wie ich mich bei meinen Leserinnen bedanken kann :).

    LG, Sonja

    • Marcella

      Liebe Sonja!

      Schön, soviel von Dir zu hören! Ich finde es echt toll, wie Du das Mutter-Sein mit dem Schöpferisch-Sein und Dich selbst verwirklichen verbindest. Viele Menschen kriegen weder das eine noch das andere auf die Reihe. Ich denke, Du kannst da Viele inspirieren.

      Ja, für mich ist das mit dem Bloggen genauso. Ich mache das vor allem als Selbstzweck bzw. um Menschen zu erfreuen. Doch darüber hinaus möchte ich damit auch Geld verdienen in einer nicht allzu fernen Zukunft. Obwohl ich mir vorgenommen habe, zu 100% meinem Herzen zu folgen und nicht zu taktieren, habe ich gemerkt, dass es schon Sinn macht, auch strategisch vorzugehen, wenn die Artikel dann geschrieben sind und verbreitet werden wollen. Denn was nützt das ganze Herzblut, wenn am Ende niemand davon erfährt? Bei der Gelegenheit habe ich auch gemerkt, dass es mir Spass macht, strategisch vorzugehen 😀 Liebe Grüße, Marcella

      • Liebe Marcella,

        vielen Dank :).
        Für deinen Blog und deine Zukunft wünsche ich dir viel kraft, Spaß und Erfolg!
        Ich bin mit meinem Blog nun etwas über einem Jahr online und kann nur sagen: gerade wenn man auch kommerzielle Ziele hat (die müssen ja der eigenen „Mission“ nicht widersprechen), ist es unabdingbar strategisch vorzugehen. Aber es macht auch Spaß, wenn man sieht, dass es wirklich was bringt, z.B. wenn man an seinen Bildern arbeitet.

        Ich werde dir auf jeden Fall weiter treu bleiben :).

        Ganz lieber Gruß,
        Sonja

        • Marcella

          Liebe Sonja, ich finde es sogar sehr sinnvoll, mit der eigenen Mission Geld verdienen zu wollen – denn dann kommt man nicht in die Verlegenheit, mit langweiligen, unangenehmen oder sinnentleerten Tätigkeiten seinen Lebensunterhalt bestreiten zu müssen. Leider ist Arbeit auf diesem Planeten noch viel zu oft mit Selbst- und Fremdausbeutung verbunden. Deshalb sind Menschen wie Du ein strahlendes Vorbild für andere, die noch in ihren Tretmühlen gefangen sind. Unterm Strich bleibt uns mehr Lebenszeit und Energie für die Dinge, die wichtig sind, wenn wir unserem Herzen folgen UND davon leben können. Ja, lass uns in Kontakt bleiben! Ich wünsche Dir viel Erfolg, Du hast ihn verdient!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.